Wie wichtig ist das Muskelversagen?

2018-03-28
Wie wichtig ist das Muskelversagen?

Kennst du das Video, wo ein Athlet während dem Training auf die Toilette rennen muss, um sich zu übergeben?

 

Hier kann man wohl von einem “harten” Training sprechen. Der Athlet ist bis an seine physischen Grenzen gegangen und hat Alles gegeben. Die einen werden ihn bejubeln und glauben, genau so müsse Training sein.

 

Die anderen glauben, das geht zu weit.

 

Ist Muskelversagen wirklich notwendig? Muss es immer über die Schmerzgrenze hinausgehen?

 
 

Was ist überhaupt Muskelversagen?

 

Bevor wir diesen Fragen auf den Grund gehen, sollten wir vorher den Begriff definieren, denn “Muskelversagen” ist ein sehr offener Begriff.

 

Muskelversagen im wahrsten Sinne des Wortes ist fast ausgeschlossen. Rein theoretisch könntest du das Gewicht fast immer reduzieren und weitere Wiederholungen forcieren, wenn du wirklich wolltest. Irgendwann erreichst du allerdings eine Grenze, wo das Gewicht und der Reiz zu klein wird, um einen nennenswerten Mehrwert zu liefern.

 

Daher sollten wir lieber den Begriff des technischen Muskelversagens verwenden. Sobald du keine weitere, saubere Wiederholung ohne fremde Hilfe oder massiven Schwung mehr ausführen kannst, ist das technische Muskelversagen erreicht.

 
 

Gründe für das Muskelversagen

 

Es gibt durchaus einige Vorteile, die das Muskelversagen mit sich bringt.

 

1. Wir rekrutieren mehr Muskelfasern. Wenn du dich bei einer Übung nie wirklich verausgabst und immer vor dem Muskelversagen aufhörst, rekrutierst du niemals wirklich alle Muskelfasern. Somit bleibst du jedes Mal unter deinem Muskelaufbau-Potential, denn Muskelfasern werden nacheinander hinzugeschaltet. Erst wenn es so richtig schwer wird, schalten sich die letzten Fasern hinzu.

 

2. Wir setzen ein Signal zum Muskelwachstum. Muskeln wachsen nicht, wenn kein Bedarf besteht. Warum auch? Muskulatur will der Körper rein theoretisch nicht haben. Es ist stoffwechselaktives Gewebe, das am Leben erhalten werden muss. Wenn wir an unsere Grenzen (und darüber hinaus gehen!), signalisieren wir dem Körper, dass wir mehr Muskelmasse benötigen, um mit dem Stress fertig zu werden. Je näher wir als Muskelversagen rücken, desto wahrscheinlicher ist ein effektiver Muskelreiz.

 

3. Es macht einfach Spaß. Klar, nicht immer und jedes Mal, aber hin und wieder macht es auch einfach Laune, sich im Training vollkommen zu verausgaben und sich mit dem Trainingspartner gegenseitig an die Grenzen der Leistungsfähigkeit zu bringen.

 
 

Was spricht gegen Muskelversagen?

 

Das kommt natürlich immer ein wenig auf den Grad des Muskelversagens an. Willst du so hart trainieren, dass du dich während dem Training übergeben musst oder deine Arme kaum noch bewegen kannst? Dieses Muskelversagen solltest du in der Regel vermeiden.

 

Ein solch extremes Muskelversagen ist eine enorme Belastung für das zentrale Nervensystem. Es dauert eine Weile, sich aktiv davon zu regenerieren.

 

Stell dir vor, du möchtest deine recht blasse Haut im Sonnenstudio bräunen. Wie stellst du das an? Gehst du jeden Tag 50 Minuten auf den Turbo-Bräuner? Nein, denn das lässt dich nicht braun, sondern rot werden.

 

Du musst deiner Muskulatur nach einem anstrengenden Workout die nötige Zeit lassen, sich angemessen zu erholen. Bei zu starken und zu häufigen Muskelversagen wird das allerdings schwierig.

 
 

Wann du Muskelversagen einsetzen solltest

 

1. Bei kleineren Muskelgruppen.

Ein Muskelversagen bei Übungen wie Kniebeugen oder Kreuzheben erzwingen zu wollen ist einerseits gefährlich und andererseits unsinnig. Anders sieht es aber bei Übungen aus, die nur wenige und kleine Muskelgruppen ansprechen. Skullcrusher für den Trizeps beanspruchen beispielsweise (fast) nur eine Muskelgruppe und stellen trotz Muskelversagens kaum Anforderungen an das zentrale Nervensystem.

 

2. Beim letzten Satz der Übung. Eigentlich machen wir nichts anderes, wenn wir Intensitätstechniken nutzen. Wir versuchen näher ans Muskelversagen heranzukommen, indem wir immer noch ein bisschen mehr vom Muskel abverlangen. Das macht besonders am Ende des Workouts oder der Übung Sinn, wenn der Muskel sonst nicht mehr belastet wird. Hol am Ende noch einmal alles raus!

 

3. Wenn du unter Zeitdruck stehst. Hast du nur 20-30 Minuten Zeit fürs Training? Kein Problem, in der kurzen Zeit kann es durchaus möglich sein, ein effektives Workout zu absolvieren. Hier solltest du vor allem auf sehr hohe Intensität setzen und Alles rausholen, was geht.

 

 

Abschließende Worte

 

Je näher wir dem absoluten Muskelversagen kommen, desto größer ist der potentielle Wachstumsreiz. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir bei jedem Training so hart trainieren sollten, dass wir uns vor Schmerzen auf dem Boden krümmen.

 

Technisches Muskelversagen hingegen ist sehr sinnvoll und sollte immer angestrebt werden, um über seine Grenzen hinauszugehen und Muskelwachstum zu forcieren.